Artikel SÜDKURIER ONLINE

"Hier ist alles ganz verrückt"

Erste Zaubergala der Zauberfreunde Bodensee im Theater Ravensburg war ein Riesenerfolg

V or dem Eingang zum Theater Ravensburg hängt ein Vorhang. Urplötzlich wird er aufgerissen, ellenlange schwarze Hosenbeine bewirken bei den eintretenden Besuchern eine Schrecksekunde. Doch schon ertönt eine wohlklingende Stimme, wünscht von oben herab "einen zauberhaften Abend". Die schwarzen Beine entpuppen sich als Teile eines Stelzenläufers, selbiger als Mitglied der Zauberfreunde Bodensee, die zu einer Zaubergala eingeladen haben.
"Hier ist alles ganz verrückt", verspricht Clown Bernd · neben einem losen Mundwerk zeichnen ihn eine rote Nase, rote Jacke und rote Hosenträger aus · gleich zu Beginn, bevor er seine acht Zauberkollegen, die noch regungslos auf der Bühne verharren, nach und nach entzaubert. Clown Bernd stehen die Haare bereits zu Berg, das Publikum verharrt noch abwartend.
Diese Zaubergala sei ein erstes Pilotprojekt, mit dem die Zauberfreunde Bodensee sich gemeinsam präsentieren, erzählt Zauberer Thomas Röhl am Rande der Veranstaltung. Vor zwei Jahren haben sich zehn zauberhafte Männer · "Leider ist bei uns noch keine Frau dabei" · in dieser "lockeren Vereinigung" zusammengefunden. Vier von ihnen sind Profizauberer, die anderen verzaubern nebenberuflich, alle aber haben sich leidenschaftlich der Magie verschrieben. "Ich traue mich erst dann unter die Leute, wenn der strengste Regisseur der Welt, meine Ehefrau, die Zaubertricks für gut befindet", gesteht Marius Lehmann. Der gelernte Sportlehrer und jetzt hauptberuflicher Zauberer gehört zu den Zauberfreunden. Tourneeverpflichtungen erlaubten ihm nicht, bei der Zaubergala als Akteur mitzumachen. Gemeinsame Probezeiten seien schier unmöglich, verrät Thomas Röhl. Erst am Tag der Veranstaltung hätten die übrigen neun Zauberer zum ersten Mal geme! insam geprobt, gesteht er. Dem Programm allerdings ist das in keiner Weise anzumerken.
Vor allem die Mischung ist es, die bezaubert: Zauberer Markus Zink etwa zieht fast gelangweilt Unmengen von Konfettis aus der Tasche, verblüfft mit abstrusen Zigarettenkunststücken die Zuschauer, und lässt sich für sie sogar bei einem Entfesselungstrick enthaupten, um gleich darauf lachend seine Konfettis zu werfen.
Thomas Röhl entführt das Publikum in das Reich der Mentalmagie. Erstaunt verfolgen die Gäste, wie der Zauberer das durch Publikumswahl gesuchte Wort auf Seite 37, dritte Zeile, eines Buchs mühelos durch originell in Szene gesetzte Gedankenübertragung errät. Jörg Krabacher schließlich verrät dem Publikum den scheinbar einfachen Trick, ein schwarzes Seidentuch in einem weißen Plastikei verschwinden zu lassen. Dieses aber entpuppt sich letztlich als rohes. Der mit 14 Jahren jüngste Zauberkünstler Andreas Busch bringt so schnell Bälle zum Verschwinden und Auftauchen, dass die Zaubergäste kaum folgen konnten.
Im Reich der Großimagination bringt Kurt Waiden einen Tisch zum Schweben. Heinz Felder lässt seine Zaubergehilfin durch Säbelstiche in einem schwarzen Kasten zu Tode kommen, um sie wenig später aus einem Koffer wieder hervorzuzaubern. Auch die Zuschauer sind gefordert. Zauberer Robert Ganahl etwa erschreckt einen friedlichen Menschen, indem er dessen zuvor kenntlich gemachten 20-Mark-Schein verbrennt, diesen dann aber den Geldschein in der Mitte einer Orange wiederfinden lässt. Clown Edgar Vosseler zeigt sogar Absichten, einem der Gäste die Hand abzuhacken. Der Mann behält die Hand glücklicherweise, lediglich seine Uhr kommt auf zauberhafte Weise abhanden.
Vor allem Clown Bern kennt keine Gnade mit dem Publikum. "Sie sind mir unangenehm aufgefallen, Sie haben nicht geklatscht", wählt er sein nächstes Opfer aus, das mit Glocken den Heinz-Rühmann-Hit "Lalilu" nachspielen soll. Am Ende stehen zwei "Glockenspieler" auf dem Stuhl, zwei auf der Bühne · Clown Bernd hat sein Publikum im Griff, und das bis zum Ende der fast dreistündigen Gala.
"Hoffentlich war das nicht nur eine Eintagsfliege", sagt eine Zauberbegeisterte, meint damit die tolle Gala und spricht vielen Zuschauern aus dem Herzen.

bab



© SÜDKURIER GmbH